Ein Rückblick: 5 Monate kurz zusammengefasst

Veröffentlicht von flag-de Nora Paul — vor 5 Jahren

Blog: Eine Biologin und ihr Bulli
Markierungen: Allgemein

Oh man, oh man... inzwischen ist es fast ein Jahr her, dass die Planung meines Erasmus Auslandsjahres (Wintersemester 2018/2019) her ist! Aber wie kam das denn zu Stande, dass ich mit einem Campervan nach Spanien bin, um dort mein "semester abroad" zu machen?

1.0 „Ein Traum wird wahr“

Wie viele andere, hatte auch ich den Traum einen eigenen Campervan zu haben - und das schon jahrelang! Da ich durch mein Studium die Möglichkeit habe zwei Auslandssemester zu machen, hat es sich natürlich angeboten, dies mit dem Wunsch eines eigenen Bullis zu kombinieren. Ich hatte schon vorher hier und da nach einem Van geguckt. Aber im Mai 2018 hatte ich ihn dann endlich gefunden: einen VW T4 Transporter aus dem Jahr 2000. Er sah aus wie... naja... auf gut Spanisch gesagt: una mierda! (zu Deutsch: große Scheiße!) Es war ein 9-Sitzer, der jahrzehntelang als Arbeitswagen genutzt wurde, ausgestattet mit einem grünen, alten Filzteppich und 3 Zigarettenanzündern. Aber bis auf ein paar kleinen Mängeln, war er noch super in Schuss. Leider Gottes habe ich zu diesem Zeitpunkt kein Foto von dem Bulli gemacht. Aber hier ein kleiner Einblick in den Umbau

Ein Rückblick: 5 Monate kurz zusammengefasst

Zuerst wurden alle Sitze und der Ekel-Teppich rausgenommen, sowie Roststellen bearbeitet! Anschließend wurde der Wagen erstmal grundgereinigt! Man kann sich gar nicht vorstellen, wie dreckig der eigentlich war! Die schwarzen Flecken, die man überall sehen kann, sind übrigens bereits bearbeitete Roststellen, die mit einem speziellen Rostumwandler bearbeitet wurden und somit auch versiegelt sind!

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Ab jetzt ging's richtig ran an die Arbeit! Der Fußboden (Spanplatten und PVC-Boden) wurden eingekauft, vermessen, zugeschnitten und eingebaut. Das erste richtige Erfolgserlebnis!

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Auch wenn ich stundenlang über den Ausbau des Bullis berichten könnte, soll dieser Beitrag natürlich nicht nur um die Umwandlung eines Schrotthaufens in ein bewohnbares Auto handeln, sondern eigentlich um das Auslandssemester! Daher kürzen wir das ganze hier einmal ab, damit ihr euch Rudolpho besser vorstellen könnt! :) 

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Ausgerüstet mit einem Solarpanel, einer voll ausgestatteten Küche und einem bequemen Bett - auf 4 Rädern, ging es dann also los! Von Bremen, durch Luxemburg, quer durch Frankreich und durch die nordspanischen Provinzen bis zur Endstation: Vigo!

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2. „Jetzt aber wirklich: mein Auslandssemester in Vigo“

Mein theoretisches Auslandssemester habe ich an der Universität in Vigo gemacht. Eine Großstadt Galiziens (Nord-West-Spanien), die alle Erwartungen sprengt, würde man mich fragen. Ich habe mich damals für Vigo entschieden, weil ich gerne nach Spanien wollte, um mein spanisches Grundverständnis aufzufrischen, aber auch - Butter bei die Fische - um Sonne zu tanken und den Bulli ordentlich nutzen zu können! Ich hatte mich vorher über die Region und auch Vigo informiert - allerdings über Wikipedia und nun ja... es gibt schon Gründe warum es als nicht-seriöse Quelle dargestellt wird! Dank Wikipedia hatte ich nämlich die Vorstellung, dass Vigo die (für mich) perfekte Stadt mit nur 290.000 Einwohnern (was der Hälfte von Bremen entspräche), direkt zwischen Meer und Bergen. Da Bremen ja schon relativ klein ist habe ich mir meine Heimatstadt also als Maßstab genommen, um die Größe der Stadt einzuschätzen. Aber nichts da! Es ist eher mit der Hamburger-Innenstadt zu vergleichen. Dies hatte natürlich seine Vor- und Nachteile! Ein Vorteil ist, dass es viele junge Leute gibt und wenn ich mich Recht erinnere über 700 Erasmus-Studenten, allein an der Universität Vigo. Ein Nachteil war allerdings eine Wohnung mit Garage für Rudolpho zu finden! Somit wurde der Bulli ordentlich genutzt und wir blieben bis Mitte Oktober auf einem wunderschönen Campingplatz in Canido!  Mit „wir“ meine ich übrigens meinen damaligen Freund, der mit nach Vigo gekommen ist, und mich.

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Das Leben im Bulli auf einem Campingplatz ist natürlich Geschmackssache! Aber für mich war es perfekt! Ich konnte ganz einfach (für 2,70 € pro Strecke) mit dem Bus zur Universität fahren und wenn ich nach "Hause" gekommen bin, direkt an den 20 Meter entfernten Strand. 

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Gleichzeitig gab es etliche Möglichkeiten, um wandern zu gehen. An dieser Stelle auch ein Foto von meinem Lieblingswanderweg mit Blick über Vigo! In dieser Region Spaniens wachsen (um an dieser Stelle mal die Biologin raushängen zu lassen) viele Eukalyptusbäume, weshalb es eigentlich überall danach riecht! Wenn man mich fragt, eine perfekte Weise sein Wochenende zu verbringen!

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3. „Die Wohnsituation sollte sich doch nochmal ändern – von Vigo nach Baiona“

Mitte Oktober hat eine Freundin aus der Uni mir dann von Bekannten der Familie erzählt, die eine Wohnung in Baiona vermieteten. Das hieß 20 km von Vigo, aber ebenfalls nur 20 km von der Universität entfernt. Dies machte für mich schon einen großen Unterschied, da ich von nun an nur noch 20 Minuten mit dem Auto zu Uni brauchte. Vom Campingplatz aus waren es nämlich (je nach Verkehrslage) circa 60 Minuten mit den Öffis.

Das was mich an der Wohnung in Baiona anlächelte, war nicht nur der (sichere!) Stellplatz für Rudolpho, sondern auch in Mitten einer unglaublichen Landschaft zu leben.

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Außerdem fand ich die Vermieter super sympathisch und das Apartment sehr ansprechend, weshalb ich mich im Endeffekt für die Wohnung entschied. Im Nachhinein würde ich sagen, dass es eventuell die falsche Entscheidungwar, da man dort doch stark von Vigo (und allen anderen Erasmus-Studenten) abgeschnitten war. Aber zu diesem Zeitpunkt habe ich mich persönlich einfach nur danach gesehnt meine Ruhe zu haben und das hatte ich dort definitiv!

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Abgesehen von der unglaublichen Natur, gab es in Baiona auch super tolle Gelegenheiten, um das Feierabend (oder auch nicht-Feierabend) Bier zu trinken! Gerade am Wochenende, zur spanischen Abendessens-Zeit, lässt es sich in den alten Gassen Baionas sehr gut genießen!

Natürlich habe ich nicht nur das Bier genossen, sondern auch versucht mich sportlich zu betätigen. Hierfür bot es sich sehr gut an, für 10 Euro die Stunde (für zwei Personen) eine Kanutour in der Bucht Baionas zu machen. Für mich, als Biologin, war dies eine großartige Möglichkeit an die Felsen im Meer heranzugekommen, um die Kormorane und ihr Verhalten untereinander zu beobachten. Aber auch ohne die Vögel wäre es super schön gewesen!

4. „Ein Einblick in die Fakultät der Biologie an der Universität in Vigo“

Über die Universität in Vigo gibt es, verständlicherweise, auch viel zu berichten. Aus der Angst heraus wichtige Inhalte nicht zu verstehen, und ja vielleicht auch aus Faulheit, habe ich meine biologischen Kurse auf Englisch gewählt und zusätzlich einen Spanisch-Anfängerkurs. Die englischen Kurse waren an sich sehr klein (circa 8 Personen pro Kurs), da nur wenige Spanier daran Interesse hatten, die Kurse auf Englisch zu belegen. Das hinderte die Universität natürlich nicht daran, die Qualität ihrer Lerninhalte zu reduzieren! Was den Input an Wissen angeht, sind die Spanier auf keinen Fall zu unterschätzen! Obwohl ich in Deutschland eine gute Studentin bin, fiel es mir in Vigo auf jeden Fall schwer mitzuhalten. Die midterm-Klausuren habe ich grandios vergeigt, obwohl ich mich gut darauf vorbereitet habe und auch die Endklausuren, auf die ich mich wochenlang vorbereitete, habe ich gerade so bestanden. Bis heute kann ich eigentlich nur schwer einschätzen, woran das eigentlich lag. Einerseits könnte es daran liegen, dass die Übersetzung der Klausuren nicht zu verstehen waren. Denn, auch Kendra (eine amerikanische Freundin – bzw. die einzig andere Austauschstudentin) hatte Probleme die Fragen zu verstehen. Andererseits waren wir auch nicht an das System der Universität gewohnt. Bei mir an der Hochschule in Bremen, werden die Fragen (meiner Meinung nach) oberflächiger gefragt und nur geringe Anteile sind spezifiziert. In Vigo wollten sie dann die spezifische DNA-Sequenzlänger für verschiedene Vektoren wissen. Wer sich ein wenig damit auskennt weiß, dass man sowas nicht im Kopf haben muss, da es eben Tabellen dafür gibt, in den man es nachschauen kann. Aber nun gut. So ist das eben mit den Universitäten.

Ein absolut positiver Aspekt der Uni,waren die regelmäßigen Praktika. In dem Modul „Cytology and Histology“ befassten wir uns unter Anderem mit der Embryonenentwicklung, mit einem genaueren Fokus auf die Entwicklung des Huhns.

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Der eine Leser mag jetzt denken „IEW!“, andere können sich vielleicht darauf einlassen, wie genial die Natur doch eigentlich ist. Gerade wenn man weiß, dass sich dieser Embryo in einem 3-4 Tagenach der Befruchtung- Stadium befindet. An der Hochschule Bremen arbeiten wir in der Regel nur mit Tieren, die eines natürlichen Todes gestorben sind, was ich unglaublich klasse finde! Allerdings hatte ich somit die Möglichkeit die Magie der Biologie zu verspüren und ein Mini-Herz pochen zu sehen.

5. „Aber nun zurück zum spaßigen Teil! Reisen neben dem Studium!“

Auch wenn ich unter der Woche viel gelernt habe, habe ich mir (solange das Wetter gut war) die Zeit genommen, um mir die Region in Vigo und Umzu anzuschauen. Ein absolutes Must-do ist natürlich nach Santiago de Compostela zu fahren, um sich die berühmte katholische Kirche anzugucken und die Altstadt, mit seinen kleinen süßen Geschäften zu erkunden. Ein anderes Must-do, nach Pontevedra zu fahren, um die heißen und kostenlosen Quellen zu genießen.

Mir persönlich haben die Ausflüge in die Städte Galiziens sehr gefallen. Dennoch habe ich die Bulli-Wochenenden mehr genossen. Zum Beispiel sind wir in den Nationalpark Portugals gefahren, der ja quasi um die Ecke lag.

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Da der Nationalpark riesig ist, haben wir uns dafür entschieden, das ganze Wochenende in Soajo zu verbringen. Hier gibt es einen Parkplatz (mit Toiletten!) für Reisende, der die erste Nacht kostenlos ist, und die zweite Nacht 5 Euro pro Person kostet. Ungefähr einen Kilometer von diesem Parkplatz entfernt, gibt es eine unglaublich schöne Quelle, dessen Name ich leider vergessen habe. Aber, hier ein Foto, damit man es sich besser vorstellen kann.

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Das Wasser war unglaublich erfrischend, vor allem, wenn man wie wir eine 20 km Wanderung gemacht hat. Auf dem Rückweg gab es dann also eine nette Erfrischung in der Quelle und dazu genüsslich ein Bier bis die Sonne unter gegangen war.

Neben dem Nationalpark gibt es allerdings auch noch viele andere Naturparks, zu denen wir hingefahren sind. Unter Anderem in der Nähe von Braga oder wie hier auf dem Folgenden Foto im „Parque Natural de Sierra da Estrela“.

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Ich bin auf jeden Fall super froh, dass ich die Möglichkeit hatte Galizien und Nordportugal mit dem Bulli zu erkunden. Denn, auch wenn es nicht wirklich gut für die Umwelt ist, so ist es doch die einzige Möglichkeit die kleinen, nicht-von-Touristen-überlaufenden Gegenden zu erkunden. Da man meiner Erfahrung nach, die Orte, die nicht so bekannt sind, viel besser genießen kann, wenn sich niemand rumdrängelt, um mit dem neusten Selfie-Stick zehntausend Foto von sich zu machen, um dann ein einziges auf Instagram zu posten, nur um zeigen „ich war da!“. Aber nun gut, das ist natürlich ein anderes Thema!

Zum Thema Kultur ließe sich an dieser Stelle, gerade in Kombination mit Landschaft und Hippie-Dasein, viel sagen. Natürlich lässt sich die galizische Küche bis in den 7. Himmel loben und auch die Sprache Galizisch, auf welche die Einheimischen sehr stolz sind, ist ein Ohrenschmaus. Aber, ein anderer interessanter Aspekt, den ich erst vor Ort herausgefunden habe, ist die kulturelle Verbindung der Mystik und Mythen der Kelten. Ende Oktober bzw. Anfang November gibt es in Galizien ein Fest, welches übersetzt „Kastanienfest“ heißt. Hier treffen sich die Leute der Nachbarschaft abends, um gemeinsam Rostkastanien und Chorizos zu essen. Ein besonderer Teil dieses Festes ist es, einen Hexentrank zuzubereiten, der einem Stärke geben und böse Geister vertreiben soll.

Ob die katholischen Galizier wirklich an die keltisch-traditionellen-Überbleibsel glauben, ist eine andere Frage. Ich fand es auf jeden Fall großartig, dass ich daran teilnehmen durfte.

6. „Und folgendes würde ich nun zusammengefasst über mein Auslandssemester dort sagen“

Zusammengefasst muss ich über das Semester an der Universität in Vigo sagen, dass ich mich persönlich von einer anderen Seite kennengelernt habe. In einem anderen Land zu leben, andere Kulturen kennenzulernen und nun ja, im Endeffekt aus seinem Alltag rausgerissen zu werden und zu versuchen diesen in ein neues Umfeld einzubauen. Das ist gar nicht so einfach, wie man sich das immer vorstellt. Das Studieren an einer anderen Universität, an der kaum jemand Englisch spricht und man selbst nur ein Bruchteil der Sprache versteht, ist ein ordentlicher Brocken Last und irgendwo war ich froh, als ich es endlich hinter mir lassen konnte.

In dem Zeitraum in Vigo habe ich selbst nur wenig Anschluss gefunden, obwohl ich normalerweise sehr sozial-offen bin. Für mich persönlich muss ich rückblickend über dieses Semester sagen, dass ich sehr traurig war. Wenn nicht sogar depressiv. But… What doesn’t kill you, makes you stronger!

Das heißt nicht, dass es jedem so ergehen muss! Vor allem, weil es ja nicht an der Stadt Vigo, sondern an persönlichen Ereignissen (die ich euch natürlich nicht auf die Nase binden werde) gelegen hat. Ich bin dankbar für die Zeit in Vigo, dankbar für die Möglichkeit mich selbst von einer anderen Seite kennengelernt zu haben. Dankbar für die finanzielle Spritze von Erasmus!

7. „Und was mache ich jetzt?“

Wie man bestimmt schon rausgelesen hat, ist es für die Biologen der Hochschule Bremen vorgesehen 2 Auslandssemester zu machen. Da dieser Beitrag sonst zu lang würde, habe ich mich dazu entschieden einen Beitrag über die Reise nach Alicante, sowie das Leben in Alicante selbst zu schreiben.

Wenn ihr also wissen wollt, was ich gerade aktuell mache und wie ich nach Alicante gekommen bin, schaut doch auch nochmal in den anderen Beiträgen vorbei.

Wenn ihr Fragen habt, scheut euch nicht zu fragen! :)


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