Favelas in Rio de Janeiro
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Favelas, Wahrheiten und Lügen
Die Favelas in Rio de Janeiro
Es gibt zahlreiche Wahrheiten und Lügen über die Favelas: die schrecklichen Orten, wo sich alle nur bewaffnet reintrauen und Touristen am Besten diese Orte meiden sollten. Wie immer darf man solche Aussagen nicht verallgemeinern. Ich sage nicht, dass die Favelas zu den sichersten Orten in Rio gehören, natürlich nicht, aber wenn ich sage, dass es hier viele Unruhen gibt, rede ich nur dem schlechtem Ruf nach.
Warum dieser Name?
Die Außenbezirke sind normalerweise um die Stadt herum angeordnet, obwohl sich manche auch im Inneren der Stadt befinden und den Namen "Favelas" tragen. Die Siedlung hat sich auf einem Hügel angeordnet, auf dem Pflanzen namens "faveleiras" wachsen, woraus der Name "Favela" entstand und in den zwanziger Jahren berühmt wurde. Was sich zuerst "Berg der Favela" nannte ist heutzutage ein Synonym für Elendsviertel.
Wann man den namen Favela benutzt
Damit eine Siedlung als Favela bezeichnet werden kann, muss sie einige Charakteristika erfüllen. Einer der Taxifahrer, der uns durch die Stadt und zu einer der Favelas begleitet hat, nannte uns Folgende (vielleicht habe ich einige vergessen, die ihr aber gerne zu meiner Information hinzufügen könnt, wenn sie euch als interessant und wichtig erscheinen):
- Die Anordnung der Häuser muss aus mehr als 50 Hütten bestehen.
- Es müssen sehr "einfache, ärmliche" Unterkünfte sein, die etwas Rustikales an sich haben.
- Es sind unorganisierte Gelände, es existieren keine Strassen und Hausnummern und auch keine Postleitzahlen.
- Öffentliche Einrichtungen wie ein Gesundheitszentrum oder Elektrizität sind rar oder existieren gar nicht (eine Eigenart, die heutzutage unrealistisch anmutet).
Auch wenn die Häuser von außerhalb einen negativen Eindruck machen (da sie unansehnlich, feucht, etc., sind), überrascht einen die Mehrheit der Hütten mit vielen Annehmlichkeiten im Inneren: Waschmaschinen, Plasmabildschirm, Internet... es ist toll so hoch den Berg hinaufzugehen, den Blick nach unten zu genießen und auf jeder Hütte eine Satellitenschüssel, inmitten des Berges zu sehen. Einige Favelas verfügen heutzutage sogar über Internetcafés und Fast-Food-Verkaufsstände...
Wo sie sich befinden
Favelas gibt es in fast jeder Großstadt von Brasilien, obwohl der Großteil sich auf Sao Paulo konzentriert und danach in Rio de Janeiro. Der IPP hat im Jahre 2009 968 Favelas in Rio de Janeiro gezählt. Das bedeutet einen Anstieg von 200 seit 2004 und ist ziemlich herausragend, aber nicht verwunderlich denn nicht alle Favelas "gehören zu einer Gruppierung von Kriminellen" sondern können als einfache, erschwingliche Wohnviertel bezeichnet werden.
In jeder Stadt gibt es Randbezirke, aber die Favelas stechen wahrscheinlich durch ihre Gefährlichkeit heraus und Menschen haben Angst vor ihnen. In Argentinien zum Beispiel existieren genau dieselbe Art von Viertel, nur werden sie hier "Villas" genannt.
In Brasilien ist die Favela de Rocinha die bekannteste, weil sie auch schon in einigen Filmen wie Ciudad de Dios (Stadt der Götter) vorkam und dafür 70. 000 Einwohner zu haben.
Kriminalität und Gefährlichkeit
Normalerweise versammeln sich die gefährlichen Banden in den Favelas. Es ist nicht so, dass sie sich diese Gegenden aussuchen um straffällig zu werden, sondern man muss den Kontext verstehen, in dem sie wohnen.
Trotzdem ist das eine Verallgemeinerung der gängigen Meinungen über die Favelas. Natürlich existiert hier Kriminalität, aber sie ist nicht überall gegenwärtig. Die Mehrheit der Angestellten der Hostels, in denen wir übernachtet haben oder der Menschen, mit denen wir uns in der Stadt unterhalten haben, wohnen in Favelas, weil dort Unterkünfte billiger sind als in anderen Vierteln von Rio. Die Miete einer Wohnung für 3 Personen an der Copacabana liegt beispielsweise bei 600€ pro Kopf.
Wir waren selbst in einem Hostel am Rande einer Favela, was nicht ganz zentral lag, dafür aber billiger und besser ausgestattet war, als andere. Der Eingang war etwas prekär, aber weiter im Inneren erschien es ein komplett anderes Gebäude zu sein mit einem wunderschönen Strandblick.
Die Favelas und der Tourist
Arten von Favelas in Rio
In Rio kann man deutlich zwischen zwei Arten von Favelas unterscheiden: die, die Frieden stiften (die Politik hat die Kontrolle übernommen und hat einen Beauftragten angestellt, der neue Gewaltausbrüche verhindern soll) und die nicht Frieden stiftenden (die man als Tourist nicht besuchen sollte, weil es eine gefährliche Gegend ist, insbesondere wenn man das Viertel nicht kennt). An den Wänden der Häuser sieht man Löcher von Schießereien zwischen der Polizei und den Drogendealern.
Abhängig von der Haltung, die man selbst an den Tag legt und an der Favela, die man besucht, kann es vorkommen, dass die Leute einfach an dir vorbeigehen oder sich dir gegenüber sehr freundlich verhalten. Wir haben zwei Favelas besucht: Favela da Rocinha an einem Tag, wo wir per Taxi eine Stadttour unternommen haben und der Taxifahrer, gebürtig aus Rio, uns zu dieser Favela gefahren hat, damit wir das Ambiente und die Geschichte vor Ort erleben dürfen. Zudem hat er uns zu einem Lokal gefahren, wo wir sehr gut gegessen haben, Reis mit Brokkoli, was mir bis dahin nicht bekannt war und dabei konnten wir den Ausblick auf den Großteil der Favela genießen.
Zum Zweiten, bei einer organisierten Tour haben wir die Favela de Santa Marta besichtigt, eine Frieden stiftende Favela, für Touristen gedacht und die Menschen einem immer mit einem Lächeln begegnen. Wir haben uns zu keiner Zeit hier unsicher gefühlt.
Tour durch Santa Marta, die Favela von Michael Jackson
Im Voraus werde ich die Tour durch die Favela de Santa Marta detaillierter erklären. Sie befindet sich zwischen den Vierteln Laranjeiras und Botafogo, konkret am Berg Dona Marta.
Diese Siedlung ist bekannt durch Micheal Jacksons Videoclip "They don't care about us" von 1996, wo der Chef des Drogenkartells zuvor die Zustimmung für das Filmen in diesem Viertel geben musste. Außerdem haben Madonna, Alicia Keys und Beyoncé die Gegend besucht und es wurden einige Szenen aus Fast and Furios 5 dort gedreht.
Aktuell gibt es einige Proteste in der Favela, weil der höher gelegene Teil geräumt werden soll. Die Autoritäten geben Sicherheitsgründe an, da der viele Regen die einfachen Hütten wegschwemmen könnte.
Santa Marta gehört zu den Frieden stiftenden Favelas, wo sich die erste Einheit der UPP (Policía Pacificadora de la ciudad, etwa: Frieden stiftende Polizei der Stadt) befindet und die Administration sichergeht, dass die Orte an denen Drogen verkauft werden eliminiert werden.
Vor kurzem wurde eine Art Aufzug eröffnet um die Mobilität der hier Lebenden zu vereinfachen, weil das Gefälle über die ganze Favela gesehen ziemlich gross ist. Der Aufzug soll wie eine Art Bus funktionieren, der an den verschiedenen Häusern Halt macht.
Um den Zugang zu bekommen, ist es empfehlenswert mit einem Guide zu gehen, für den man um die 100 Reales (30€) zahlen muss, inklusive eines Mittagessens in einem der Häuser in der Gegend. Die Bewohner sind schon ziemlich gut an die Touristen gewöhnt und sie machen sich stark dafür, Ihnen ihr tägliches Leben zu erklären und sie durch ihre Häuser zu führen, sodass Touristen einen wahrhaften Eindruck von dem Leben in den Favelas bekommen. Viele Hütten sind mit Wifi und Kabelfernsehern ausgestattet um europäischen Fußball sehen zu können.
Das Unangenehmste sind die offenen Kanalisationen, sodass zusammen mit der Hitze und der Feuchtigkeit ein unangenehmer Geruch ensteht.
Es ist gängig den Dorfbewohnern 3-5 Reales zu zahlen, wenn man ein Foto mit Ihnen macht.
Die Favela, die vorgab mit gutem Beispiel voranzugehen, indem sie Arbeitsplätze schafft und die Kommune rehabilitiert, was sie im unterem Teil der Favela darstellen wollen.
Jeder sollte wissen, wo er hinaufsteigt. Das Beste ist nachzufragen und wenn man nicht für einen Tourguide zahlen möchte, gibt es auch Favelas, die man ohne Guide und ohne Risiko besuchen kann. Fragt nach und genießt das Erlebnis!
Fotogalerie
Inhalt in anderen Sprachen verfügbar
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- Polski: Prawdy i mity o fawelach
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